Donnerstag, 2. Dezember 2010

13. August 3114 v.Chr.: Start Maya-Kalenderzyklus



Was geschah am 13. August vor 5000 Jahren?

(In: SAGENHAFTE ZEITEN, Nr. 2/2010, Beatenberg 2010)

Der Maya-Kalender ist in zweierlei Hinsicht interssant: durch den Beginn des gegenwärtigen Long-Count-Zyklus am 13. August 3114 v.Chr. und durch dessen kurz bevorstehendes Ende am 23. Dezember 2012.

Über das Ende der "Großen Runde" des Maya-Kalenders (5.125,366 Jahre umfassend) wird derzeit in aller Welt gesprochen und spekuliert. Dabei werden nicht nur gelehrte Erörterungen publiziert, sondern es wird auch mit Schlagworten wie "Weltuntergang", "Katastrophe", "Neubeginn" und ähnlichen Begriffen Sensationshascherei betrieben und um Einschaltquoten gekämpft. Ganz abgesehen von den zahlreichen Merchandising-Artikeln.

Doch ist der Beginn des gegenwärtigen Zyklus nicht minder rätselhaft. Basieren doch alle Berechnungen über dessen Ende auf dem Datum seines Anfangs. Was ist damals Bedeutsames geschehen?

Wer unter all dem Wust an Informationen verlässliche Fakten herausfinden will, muss sich schon sehr anstrengen. Dabei steht das Jahr 3114 v.Chr. - der Beginn des Mayakalenderzyklus - im Focus des Interesses. Publizisten, Mathematiker und Laien machen unterschiedlichste Rechnungen auf, schieben Zahlen hin und her, um das Startjahr exakt zu bestimmen, da auf diesem Datum das Ende des Zyklus, angeblich 23. Dezember 2012, basiert. Viel weniger beachtet aber wird der "13. August" als Starttag. Dabei gibt es handfeste Belege dafür, dass gerade diese Angabe stimmt und der Tag für die Kulturen Mittelamerikas von Anfang an eine große Rolle gespielt haben muss.



Rätselhaftes Architekturmerkmal

Archäo-Astronomie ist zwar eine relativ junge Fachrichtung, doch hat sie viel ältere Ursprünge als die Entdeckung des geometrisch-astronomischen Hintergrundes megalithischer Stätten wie Stonehenge. Bereits 1909 schlussfolgerte Celia Nuttall nach dem Studium mittelamerikanischer Bilderhandschriften wie den Codices Mendoza, Borgia, Fejervary, Selden und anderer, dass bestimmte Tempelpyramiden als Anlagen gedient haben könnten, die ermöglichten, interessante astronomische Ereignisse am oder über dem Horizont zu beobachten oder durch Bauwerke zu markieren (1).

Die Idee, dass bei der Planung und Errichtung mesoamerikanischer Stätten und Gebäude eine astronomische Basislinie eine Rolle gespielt haben muss, wurde erstmals von Oliver Ricketson im Jahr 1928 erwogen (2). Ricketson hatte Expeditionen durch den mittelamerikanischen Dschungel begleitet und dabei detaillierte Karten von Mayastätten gezeichnet und die erste akkurate Längen- und Breitengradvermessung von Mayaorten durchgeführt (3).

Im Jahr 1945 wies K. Macgowan in einem Artikel als erster darauf hin, dass viele der prähistorischen Zeremonialzentren Mittelamerikas offenbar eine "kuriose Ausrichtung ihrer Zentralachse haben" auf einen Punkt am Horizont, der den kardinalen Norden um etliche Grade "verfehlte" (4).

Ab den 1960er Jahren wunderten sich die Mitglieder des Teotihuacan Mapping Project, der ersten systematischen Vermessung der Ruinenstätte unter René Millon, darüber, dass die "Straße der Toten" (die Hauptachse der Stadt) nur auf den ersten Blick nord-südlich verlaufe, bei genauerem Hinsehen jedoch auf einen Punkt am Horizont ziele, der sich etwa 15° neben dem Norden befindet. Dass dies kein Versehen oder ein Messfehler gewesen sein konnte, erkannten die Forscher daran, dass diese Ausrichtung auch bei allen umgebenden Orten sowie bei Bewässerungsgräben am Südende des Sees nahe der Stadt angewandt worden war (5, 6). Warum basierte das Layout dieser Stadt nicht auf präzisen kardinalen Richtungen? Man könnte beinahe meinen, da habe einst ein Witzbold das soeben vom Chef-Geometer festgelegte kardinale Vermessungskreuz, nach dem die grandiose Stadt ausgelegt werden sollte, um 15 Grad im Uhrzeigersinn verschoben und man habe ahnungslos mit dem Bau begonnen.


Die Ausrichtung der Hauptache von Teotihuacan auf einen Punkt am Horizont, der etwa 15 ° neben dem Norden liegt



Blick auf die "Straße der Toten" in Teotihuacan

René Millon sah das so: "Es ist, als ob ein religiöses Diktat oder Konzept alle praktischen Erwägungen überlagert hätte." (5)

Im Jahr 1971 begannen umfangreiche Feldmessungen unter Anthony Aveni. Das Ergebnis zeigte, dass von den 56 untersuchten Stätten 50 diese merkwürdige, den kardinalen Norden um etwa 15 Grad verfehlende Ausrichtung aufwiesen. Aveni war davon überzeugt, dass dieses spezielle Linienmuster offenbar überall im Hochtal von Mexiko angewandt worden war, darunter in Orten wie Tollan, Tepotzteco, Tenayuca und Teotihuacan. Eine Ausrichtung auf einen Punkt am Horizont, der bei 15,5° Nordost bzw. 285,5° Nordwest lag - das ergab keinen erkennbaren Sinn. Die Archäologen waren ratlos (1).


Erste Spekulationen
Selbstverständlich wurde in Fachkreisen mutig spekuliert, und es wurden zahlreiche Hypothesen über das "Warum" aufgestellt. 1967 hatte Dow vermutet, es handele sich bei der 285/15°-Ausrichtung um die Untergangsstelle der Plejaden am Horizont. Der Gedanke war nicht neu, hatten doch schon 1934 Marquina und Ruiz behauptet, die Pyramide von Tenayuca sei auf dieses Gestirn ausgerichtet. Danach kamen Sterne wie Sirius oder das Doppelsternsystem Dubbe in die engere Auswahl (1).

Mitte der 1970er Jahre ließen Doris Heyden und Paul Gendrup verlauten, dass die Sonnenpyramide von Teotihuacan auf den Punkt am Horizont ausgerichtet sei, an dem die Sonne senkrecht über diese Stadt hinwegziehe (Meridianlinie). Doch das passte nicht exakt in das Baukonzept, denn diese Linie hätte etliche Grade entfernt gelegen (7).

Zuvor war Doris Heyden noch der Meinung gewesen, die Sonnenpyramide sei ganz einfach in dieselbe Richtung orientiert, wie die Öffnung der Höhle unter ihr, die sie und ihr Team gerade entdeckt hatten und über der die Teotihuacanos mit dem Bau begonnen hatten, und die 285/15°-Ausrichtung im Stadtlayout sei nur ein sich daraus ergebender Zufall ohne Bedeutung (8).

Anthony Aveni ging das Sternbild der Plejaden als Kandidat für die Ausrichtung am Horizont nicht so schnell aus dem Sinn. Er meinte, dass die Plejaden damals unsichtbar gewesen seien, bis sie den Horizont von Teotihuacan erreichten, und da die Präzessionsbewegung der Plejaden so schnell sei, dass ein Fehler von hundert Jahren in der Datierung der Basislinie im Laufe der Zeit zu einer Änderung von mehrern Graden geführt hätte, würde der heutige Wert vom damaligen abweichen.

Bald aber wurde Aveni klar, dass dies nicht auf die Stätten wie Tenayuca und Tollan, geschweige denn auf die weiteren entdeckten Orte mit 285/15°-Ausrichtung zutraf. Diese Tatsache erklärte er einfach mit der Hypothese, die Ausrichtung der anderen Städte und Bauwerke außerhalb von Teotihuacan sei nichts weiter als "eine 'non-funktionale' Imitation der Teotihuacan-Horizont-Linie" (1). Wie man sich doch irren kann...

Gegen Ende der 1970er Jahre machte sich Prof. Aveni, begleitet von einem Team von Archäo-Astronomen, auf, um die rätselhaften petroglyphischen Steinkreuze Mittelamerikas zu erforschen und zu vermessen.

Eines der Steinkreuze von Teotihuacan


Die meisten dieser Kreuze fanden sich auf dem Plateau nahe Teotihuacans, und etliche von ihnen - wenn nicht sogar alle - schienen Teil des geometrischen Stadt-Layouts bzw. Vermessungshilfen zu sein. Aveni wurde klar, dass der von ihm so genannte "Teotihuacan-Norden" für die mesoamerikanischen Städteplaner offenbar wichtiger gewesen sein musste als der kardinale Norden (9).


Das 285/15°-Phänomen

Etwa zur gleichen Zeit betrieb de Archäo-Astronom Vincent Malmström Feldforschungen, die bestätigten, dass die rätselhafte 285/15°-Ausrichtung nicht nur in etlichen Stätten auf dem mexikanischen Plateau, sondern auch in Yucatan, im Petén und sogar in Oaxaca, dem Kernland der Zapoteken und Mixteken, eine Rolle in Architekturplänen gespielt haben musste. Anscheinend waren alle Regionen Mittelamerikas betroffen, und dies mit Stätten ab dem frühesten Beginn der Zeit der Olmeken und damit dem Beginn der Hochkulturen um 1200 v.Chr. So wichtig musste diese unsichtbare Linie gewesen sein, dass sie bis in die Zeit der Maya-Klassik hinein in die Architektur integriert wurde.


Diese Ausrichtung war zwar nur ein Part unter etlichen weiteren astronomischen und geometrischen Linien, die das Layout mittelamerikanischer Stätten bestimmten, aber ein unübersehbarer. Da Städte wie La Venta (Olmeken) und Monte Alban, das Zentrum einer bis heute unbekannten Erbauerkultur zwischen 800 und 300 v.Chr. viel älter waren als Teotihuacan, konnte dieses architektonisch-geometrische Merkmal sich nicht erst bei den Teotihuacanos entwickelt haben (10).

In viele der späteren und in den Randgebieten der Maya-Kultur liegenden Stätten zeigt sich diese markante Ausrichtung seltener und zudem bei weniger wichtigen Strukturen, so als habe die Bedeutung für diese architektonische Orientierung graduell mit der Zeit und der Distanz abgenommen. So lassen sich beispielsweise in späten Städten wie Palenque oder Comalcalco keine Gebäude nachweisen, die auf diesen rätselhaften Punkt am Horizont ausgerichtet waren (11).

Die weite geographische Verbreitung der 285/15°-Ausrichtung in einer so breiten Zone schließt aus, dass für den imaginären Punkt am Horizont eine bestimmte Sternengruppe maßgeblich gewesen sein könnte. Eine Ausrichtung auf den Mond kommt ebenso wenig in Frage, da nur die Kleinen und Großen Mondwenden präzise zu bestimmen sind und keiner ihrer Punkte zu dieser Gradmessung passt. Allen sich mit diesem Rätsel befassenden Experten war bald klar, dass es sich nur um eine solare Ausrichtung handeln konnte.

Eifrig wurden alle Sonnendaten durchgeforstet und nachgerechnet, man suchte nach Aufgangs- und Untergangspunkten - und wurde fündig: Einmal im Jahr berührt die Sonne bei ihrem Untergang am fraglichen Punkt den Horizont: am 13. August (10, 11)!


Der 13. August
Nun war der 13. August ja nicht irgendein Tag für die mittelamerikanischen Indios. Und auch nicht für die Archäologen und Ausgräber. Es handelte sich um nicht mehr und nicht weniger als um einen Teil des Datums, an dem - sofern man richtig gerechnet hatte - der gegenwärtige Maya-Kalenderzyklus begann: am 13. August 3114 v.Chr. - am Tag 13.0.0.0.0. 4 Ahau 8 Kumk'u. (Über den Maya-Kalender wurde schon andernsorts so viel geschrieben, deshalb sollen diese Informationen an dieser Stelle nicht wiederholt werden.)

Der 13. August 3114 v.Chr. muss eine ganz besondere Bedeutung für die Mittelamerikaner gehabt haben, der Beginn des Kalenderzyklus wurde ganz sicher nicht willkürlich auf dieses Datum gesetzt (12). Da es keine Inschriften aus dieser uralten Zeit gibt, müssen die Maya irgendwann einmal von irgendeinem Zeitpunkt aus zurückgerechnet oder noch immer gewusst haben, wieviel Zeit seit damals verstrichen war. So wie die Christen ihre Zeitrechnung auch nicht an einem x-beliebigen Datum beginnen liessen, sondern den Kalender mit der Geburt Jesu begannen. Die Long Count-Daten der Maya geben jeweils an, wieviel Zeit seit 13.0.0.0.0. 4 Ahau 8 Kumk'u vergangen ist.

Anfangs waren sich die Maya-Forscher nicht einig über das genaue Datum, insbesondere was den 13. August betraf. Je nach Berechnung hätte es auch der 11. oder der 12. August sein können. 1905 entschied sich John Goodman, dem es als erstem gelang, die Daten der Maya mit unserem Kalender zu koppeln, für den 11. August. Etwa zwanzig Jahre später korrigierte der mexikanische Astronom Juan Martinez Hernandez das Datum auf den 12. August. Ihm folgte der Engländer John Eric Thompson, der noch einmal nachbesserte und sich für den 13. August entschied. Seitdem spricht man in Fachkreisen von der Goodman-Martinez-Thompson-Korrelation.

1935 verwirrte jedoch Thompson die Fachwelt mit der Behauptung, der 11. August sei doch korrekt (10). Doch einige Jahrzehnte später stellten Floyd Lounsbury und andere Forscher erneut Berechnungen an, diesmal mit Hilfe der Venus-Tafeln im Dresdner Codex. Sie konnten das Datum noch einmal korrigieren, indem sie dem 11. August zwei Tage hinzufügten - und erneut auf den 13. August kamen. Man nennt dies die GMT+2-Korrelation (13).


Unbekanntes Ereignis
Der 13. August als Teil des Datums, das den Beginn des Maya-Kalenders bezeichnet, und der 13. August als ein Teil der Architekturplanung - das kann kein Zufall sein! Aber was machte diesen Tag für die Mittelamerikaner so wichtig? So immens wichtig, dass sie gut 2000 Jahre lang Bauwerke und ganze Städte danach ausrichteten?

Sie taten dies bereits etwa 1000 v.Chr. in Cerros de las Mesas, einer olmekischen Stadt, die so angelegt wurde, dass die Sonne am 13. August, von der Hauptachse des Ortes aus gesehen, genau über dem fernen Citlaltepetl unterging.

Gebäude in Altun Ha, Becán, Caracol, Chichén Itzá, Cobá, Edzná, Izapá, Kabah und vielen anderen Städten zeigten - meist mit der Frontseite - genau auf diesen Punkt am Horizont.


Der Tempel der fünf Stockwerke in Edzná: Er schaut mit der Vorderseite genau auf den Punkt am Horizont, an dem die Sonne jeweils am 13. August untergeht



Skizze des Stadtlayouts von Edzna mit den astronomischen und geometrischen Ausrichtungen


In der olmekischen Stadt La Venta, die nach einem streng geometrisch-astronomisch ausgerichteten Layout errichtet wurde, zeigen etliche Gebäude der Stadt genau auf den Sonnenuntergang am 13. August über dem in der Ferne aufragenden Cerro Santa Marta. Und in Monte Alban ist es das älteste Gebäude der Stätte, das diese Ausrichtung aufweist.


Der Tempel der Gefiederten Schlange in Xochicalco, Mexiko, der ebenfalls auf den Sonnenuntergang am 13. August ausgerichtet ist



Detail des Tempels der Gefiederten Schlange in Xochicalco


Dies sind nur einige Beispiele von vielen, die inzwischen als zu den 285/15°-Linien gehörend identifiziert werden können. Sehr wahrscheinlich begann dieses spezielle Architekturelement bereits mit der ersten olmekischen - und damit mittelamerikanischen - Stadt überhaupt: San Lorenzo - und damit nach einem urplötzlichen und unerklärlichen Kultursprung von Steinzeitbauern zur Hochkultur.

Die leichteren Schritte sind uns bereits gelungen: Rückrechnung des Maya-Kalenders und Korrelation mit unserem heutigen Kalender (was jedoch noch nicht zweifelsfrei festliegt und durchaus noch umstritten ist) sowie das Entdecken der astronomischen Ausrichtungen auf den 13. August. Dass man mit dem 13. August richtig liegt, zeigt das rätselhafte Architekturelement.

Der schwerste Schritt steht uns noch bevor. Jetzt gilt es herauszufinden, was am 13. August 3114 v.Chr. geschah oder warum dieses Datum für die mittelamerikanischen Völker so wichtig war.

Bislang haben wir nichts weiter als rätselhafte Andeutungen in Maya-Inschriften über "drei Steine", die im Himmel platziert wurden, über die Ankunft von Göttern und eine Götterversammlung und ähnlich nebelhafte Informationen. Der Schritt, herauszufinden, was den 13. August so wichtig machte, wird der schwerste sein. Da dieses Datum mit "Göttern" und "Himmel" verknüpft ist, kann des Rätsels Lösung wahrscheinlich nicht ohne die Paläo-SETI-Forschung gefunden werden.


Am Rand des Himmels:

Maya-Inschriften über den 13. August 3114 v.Chr.

Die mythologischen Erinnerungen der Maya kristallisieren sich in zentralen göttlichen Ereignissen und präzise benannten Daten, die sie ebenso zurück in die Vergangenheit wie für die Zukunft berechneten. Obgleich durch Konquistadoren und natürliche Zerstörungen nur noch wenige Geschichtsquellen Auskunft über diese wichtigen Geschehnisse geben, ergibt sich dennoch aus diesem Puzzle ein für die Paläo-SETI-Forschung interessantes Gesamtbild.

Zu solchen herausragenden Ereignissen gehört der Beginn und das Ende des Maya-Kalenderzyklus. Über das Ende des Mayakalenderzyklus am 23. Dezember 2012 kennen wir heute nur einen einzigen Text. Auskunft hierüber gibt Monument 6 in Tortuguero (Tabasco, Mexiko), einer Mayastadt der klassischen Epoche, die westlich Palenques liegt und zeitweise unter die Hegemonialherrschaft deren Könige geriet.



Skizze der Inschrift auf Monument 6 in Tortuguero, Mexiko, die vom Herabsteigen des Gottes Bolon Yokte am 23. Dezember 2012 berichtet


Auf mehreren Inschriften erwähnen die Maya jedoch den Beginn des Zyklus, den 13. August 3114 v.Chr. (14):


Steinmaske aus Rio Azul

Die Inschrift auf der Rückseite einer Steinmaske, die aus der mittelklassichen Mayastadt Rio Azul, Guatemala, stammt, dürfte die älteste Quelle zu diesem Datum sein:

"An 4 Ahau erreichte der Erdgott den Rand des Himmels,
am neuen Drei-Steine-Platz
U-Kab-ji.
Gott GI Waybil .... kam an ...
Sechs-Himmel-Herrscher bei einer Höhle (?) (Frühlings-Platz?) ...
U-Kab-ji Sonnengott..."

Kann man den Hieroglyphentext der Grünsteinmaske aus Rio Azul so verstehen, dass an besagtem Datum mehrere Wesen an einem bestimmten Ort "ankamen", die von den Maya als "Götter" verehrt wurden? Lag dieser Platz in Mesoamerika und war er dem Schreiber von Rio Azul noch bekannt, da er ihn namentlich nennt?


Rückseite einer Grünsteinmaske aus Rio Azul, Guatemala

Aus der Spätklassik-Periode der Maya sind uns mehrere Artefakte erhalten geblieben, die auf dieses Datum Bezug nehmen.


Stele 1, Cobá
Nur knapp 50 km von der Maya-Küstenstadt Tulum entfernt befindet sich im Dschungel von Yukatán gelegen, umgeben von zahlreichen Seen, Cobá, das seine Blütezeit zwischen 300 - 1000 n.Chr. hatte. Obwohl Cobá bereits 1891 wiederentdeckt und 1929 mit ersten Ausgrabungen begonnen wurde, steht eine systematische Erforschung der über 70 Quadratkilometer ausgedehnten Stadt bis heute aus.

Stele 1 ist ein Steinmonument, das leider sehr erodiert ist. Erkennbar ist aber noch das Datum 13.0.0.0.0. 4 Ahau 8 Kumk'u mit dem Text

" ... da manifestierte sich (oder kam an) K'o-(j)-n'a ...
und endeten 13 Baktuns..."

Der Rest des Textes ist leider zu beschädigt, um ihn noch entziffern zu können.


Stele 1 in Cobá, Yukatán mit Inschrift, die das Datum 13.0.0.0.0. enthält


Paneel-Fragment
Aus dem 7. nachchristlichen Jahrhundert ist ein Paneel-Fragment erhalten geblieben, dem Folgendes zu entnehmen ist:

" ... an 4 Ahau 8 Kumk'u erschien erstmals Yak K'oj Ahk Gott Chak Ahau
9 Baktuns gingen vorüber und dann..."

Der Rest des Textes ging leider entweder verloren oder ist unlesbar. Hier wird also auf das "Erscheinen" eines Gottes namens Grüne-Maske-Schildkröte hingewiesen.


Paneel-Fragment, 7. Jh.n.Chr., berichtet vom Erscheinen eines Gottes


In Palenque wird gleich auf zwei Steintafeln auf das Anfangsdatum des Kalenders hingewiesen:

Tafel des Kreuzes, Palenque

Auf der "Tafel des Kreuzes" heißt es:

"An 4 Ahau 8 Kumk'u, dem Ende von 13 Baktuns ... kam an (erschien?) das Bild (?) am
Rand des Himmels ... .stieg hernieder Gott GI." (15)

Gott GI gehört zu der von den Mayaisten mit GI, GII und GIII abgekürzten Göttertrias und gilt als Sohn der Göttermutter und dem Vater ihrer Kinder, Gott GI' (gesprochen: G-eins-Strich). Dieser ordnete zu Beginn der gegenwärtigen Schöpfung, der vierten, Raum und Zeit. Interessant ist, dass nicht nur der 13. August 3114 v.Chr. genau bezeichnet wird, sondern eine ganze Reihe weiterer Ereignisse, so z.B. der 21. Oktober 2360 v.Chr., denn "da berührte GI' die Erde".



Tafel des Kreuzes, Palenque: erwähnt den 13. August 3114 v.Chr.


Tafel der Sonne, Palenque

Die zweite Angabe zum 13. August befindet sich auf der "Tafel der Sonne":
"... kam an ... (?) am Rand des Himmels an 4 Ahau 8 Kumk'u..."

beziehungsweise übersetzten Linda Schele und David Freidel, die beiden Maya-Experten:
" ... nach Beginn des gegenwärtigen Äons am 13. August 3114 v.Chr., da geschah es,
dass am 23. Juli 690 GIII in Konjunktion trat." (15)


Tafel der Sonne, Palenque


Stele C, Quirigua
Quiriguá, gelegen in Guatemala, beeindruckt noch immer mit den schönsten Stelen Zentralamerikas. Über und über sind die hohen Steinquader mit barock anmutenden Reliefs und Hieroglyphen bedeckt. Alle fünf bis zehn Jahre wurde hier eine neue Stele errichtet, die bis zu etwa zehn Meter aufragen. Im Jahr 775 n.Chr. wurde Stele C aufgestellt, die den vollständigsten Text bietet. Obwohl er von Linguisten in unsere Sprache übertragen wurde, bleibt er doch sehr rästelhaft.

Eine Übersetzungsversion stammt von Linda Schele:
"13.0.0.0.0. 4 Ahau 8 Kumk'u erschien (das Bild?),
drei Steine wurden platziert,
Jaguarpaddler und Stachelrochenpaddler stellten die Steine,
es geschah am Erster-Fünf-Himmel-Platz,
Jaguarthronstein, Schwarz-Eins-Rot (?) platzierte den Stein,
es geschah am Erdenplatz, Schlangenthronstein,
und dann geschah es, dass der Stein platziert wurde von Itzamna,
Wassersteinthron,
es geschah bei Liegender Himmel, Erster-Drei-Steine-Platz,
da waren 13 Baktun vollendet,
Sky Lord Aufgerichteter Himmel überschaute dies..."






Detail der Stele C von Quirigua mit dem Datum 13.0.0.0.0. 4 Ahau 8 Kumk'u




Stele C, Quirigua


Vase der Sieben Götter + Vase der Elf Götter

Zwei polychrome Keramikbecher, ebenfalls aus der Spätklassik der Maya stammend, wurden in der Umgebung von Naranjo, Petén, gefunden. Verzeichnet werden sie als die "Vase der Sieben Götter" und "Vase der Elf Götter".




Vase der Sieben Götter



Vase der Elf Götter


Auf der farbig aufgemalten Szene, die auf beiden Gefäßen dargestellt wird, sieht man mehrere Götter vor dunklem Hintergrund sitzen. Sie blicken zu Gott L, der auf einem Jaguarthron (innerhalb eines Berges?) sitzt. Vor den Göttern befindet sich ein Bündel namens "Viele-Sternen-Erden". Beide Vasen stellen dieselbe mythologische Szene dar, die an dem Datum 4 Ahau 8 Kumk'u spielt, wie die Hieroglyphentexte aussagen.

Die Namen der Götter sind rätselhaft und dürften einerseits der Überlieferung der Maya und andererseits der Phantasie der die Vasen interpretierenden Maya-Forscher entstammen. Die Götternamen lauten:

Schwarz-Zentrum-Gott, Himmelplatzgott, Erdgott, Baum-Hirsch-Gott, Jaguarpaddler und Göttin Jaguarschwanz; einer dieser Götter repräsentiert erneut einen Gott der sogenannten Palenque-Götter-Triade (GI, GII, GIII).

Doch am interessantesten ist darunter zweifellos Gott Bolon Yokte. Denn dies ist genau DER Gott, der laut der Inschrift auf Monument 6 von Tortuguero am 23. Dezember 2012 wieder herabsteigen soll. Von wo auch immer.

Auch hier also geht es um das Erscheinen oder das Ankommen von Göttern - genauso wie bei den anderen Maya-Inschriften.


Dresdner Codex

In einer der berühmtesten Bilderhandschriften der Maya, dem "Dresdner Codex", die wahrscheinlich zwischen 1200 und 1250 - also vor Ankunft der ersten Europäer - abgeschrieben wurde und somit auf viel ältere Quellen zurückreicht, finden sich - last but not least - zwei geheimnisvolle Geschehnisse, die ebenfalls am Tag 4 Ahau 8 Kumk'u handeln. Auf Seite 61 und 69 dieses Faltbuches sieht man drei verschiedene Götter auf einer Schlange sitzen, innerhalb deren Schwanzwindungen sich Zahlenangaben befinden, die die Zeit angeben, die bis zum 13. August 3114 v.Chr. vergangen ist, nämlich 34.000 Jahre. Der Text ist sehr rätselhaft, denn es heißt da, dass die 20-Tages-Periode und die 20-Baktuns-Periode vor 4 Ahau 8 Kumk'u erschaffen / geformt (?) wurden. Was aber, wenn hier nicht von einer Zeitspanne, sondern von Entfernung die Rede ist? Von Lichtjahren? Vom Weg der Götter zur Erde?


Dresden Codex Seite 61



Dresden Codex Seite 69


Auf Seite 70 heißt es dann: An 4 Ahau 8 Kumk'u unterbrachen Gott Chak "Heiliger Fuß", der Gott des Westens und der Gott des Ostens ihre Reise.


Dresden Codes Seite 70



Das Datum wird noch an weiteren Stellen desselben Codex erwähnt, doch sind diese zu beschädigt oder noch verwirrender, als dass man einen Sinn darin erkennen könnte.

Betrachtet man all diese Inschriften vergleichend, so scheint es sich beim Datum 13.0.0.0.0. / 4 Ahau 8 Kumk'u um ein Ereignis zu handeln, bei dem es um eine Reise von Göttern beziehungsweise um deren Ankunft geht. War dies eine Ankunft auf unserem Planeten? Besonders auffallend: das Vorkommen von Gott Bolon Yokte SOWOHL in einer Inschrift (Vase der Elf Götter), die sich auf dies Datum bezieht, ALS AUCH sein Vorkommen auf einer Inschrift (Tortuguero Monument 6), die sich auf das bald zu erwartende Ende des Long Count-Zyklus bezieht, das Mayaforscher für den 23. Dezember 2012 errechnet haben . Ein Gott, der bei beiden Ereignissen mitspielt, die gut 5000 Jahre auseinander liegen, müsste schon Raum UND Zeit überwinden können. Landeten am 13. August 3114 v.Chr. Wesen auf der Erde, die als Götter verehrt wurden? Werden diese "Götter" zurückkehren?

Literatur

(1) Aveni, Anthony: Possible Astronomical Orientations in Ancient Mesoamerica. In: Archaeoastronomy in Pre-Columbian America. Austin 1975
(2) Ricketson, O.G.: Astronomical Observations in the Maya Area. In: Geography Review, Nr. 18, 1928
(3) Lothrop, S.K.: Oliver Garrison Ricketson, Jr., 1894-1952. In: American Antiquity, Vol. 19, Nr. 1, Juli 1953
(4) Macgowan, K.: The Orientation of Middle American Sites. In: American Antiquity, Nr. 11, 1945
(5) Millon, René: The Teotihuacan Mapping Project. In: American Antiquity, Januar 1964
(6) Millon, René / Bruce Drewitt / G. L. Cowgill: Urbanization at Teotihuacan, Mexico. Vol. 1: The Teotihuacan Map. University of Texas Press, Austin 1973
(7) Hayden, Doris / Paul Gendrop: Pre-Columbian Architecture of Mesoamerica. New York 1976
(8) Hayden, Doris: An Interpretation of the Cave underneath the Pyramid of the Sun in Teotihuacan, Mexico. In: American Antiquity, Vol. 40, Nr. 2, 1975
(9) Aveni, Anthony / H. Hartung / B. Buckingham: The Pecked Cross Symbol in Ancient Mesoamerica. In: Science, Vol. 202, Nr. 4365, Oktober 1978
(10) Malmström, Vincent H.: A Reconstruction of the Chronology of Mesoamerican Calendric Systems. In: Journal for the History of Astronomy, Vol. 9, 1978
(11) Malmström, Vincent H.: Cycles of the Sun, Mysteries of the Moon: The Calendar in Mesoamericn Civilization. Austin 1997
(12) Malmström, Vincent H.: Land of the Fifth Sun: Mexico in Space and Time. Hannover, New Hampshire 2002
(14) Van Stone, M.: It's not the end of the world: What the ancient Maya tell us about 2012. www.famsi.org/research/vanstone/2012/2012Part2.pdf
(15) Schele, L.: Creation, Cosmos, and the Imagery of Palenque and Copan. www.mesoweb.com/part/publications/RT10/Creation.pdf

Buchtipp:
Ancient Mail Verlag, Groß-Gerau 2007, ISBN 978-3-935910-44-6