Vortrag, gehalten auf dem One-Day-Meeting der A.A.S. (Forschungsgesellschaft für Archäologie, Astronautik und SETI) in Berlin, Oktober 2000
Eines der interessantesten Kultobjekte der altmexikanischen Geschichte aus der Zeit vor der spanischen Eroberung ist das sog. Heilige Bündel, das vor allem eine Rolle spielte bei den Wanderungen der Indianerstämme. Diese Wanderungen stellen eine deutliche Parallele dar zur 40-jährigen Wüstenwanderung des Volkes Israel mit der Bundeslade.
Das Heilige Bündel der Azteken und seine Rolle bei der Wanderung ist innerhalb der Paläo-SETI-Forschung schon erwähnt worden. Weniger bekannt ist, dass der Kult des Heiligen Bündels auch in Nordamerika über weite Gebiete verbreitet war. Dieser Gegenstand im Brennpunkt der Kulte sowohl in Mittelamerika als auch in Nordamerika zeigt das Zurückgehen dieser Tradition auf eine gemeinsame Basis, wobei Ursprung und Richtung der Ausbreitung des Kultes bis heute nicht feststehen.
Die alten Quellen und Bilderhandschriften liefern ein Bild über das Heilige Bündel, das diesen Gegenstand hochinteressant macht für unsere Paläo-SETI-Forschung.
Das beginnt schon bei den Aussagen dieser Quellen über die Herkunft des Objektes. Ganz allgemein wurden diese Heiligen Bündel, von denen es wohl etliche gegeben haben muss, in die mythischen Zeiten zurückgeleitet, in denen sie sog. Götter auf der Erde weilten bzw. es Verbindung gab zwischen Himmel und Erde.
Im Codex Zouche-Nuttall sehen wir in einer Szene oben die Himmelswelt. Auf einem Sternenpfad (der nicht von mir persönlich so gedeutet wird, sondern von verschiedenen Altamerikanisten) steigen Personen herab, und unter den Herabschreitenden ist einer, der ein Heiliges Bündel auf dem Rücken trägt.
Szene aus dem Codex Zouche-Nuttall: rechts oben eine Örtlichkeit im Himmel, von dem herab unten vier Sky Lords auf die Erde herabsteigen, der Sky Lord in der zweiten Reihe von unten am rechten Bildrand trägt auf dem Rücken ein Heiliges Bündel
Eine andere Seite desselben Codex zeigt noch einmal diesen Sternenpfad, an dessen Ende auf der Erde ein abtransportbereits Heiliges Bündel liegt.
Seite des Codex Zouche-Nuttall: über der untersten Szene sieht man am linken Bildrand ein Heiliges Bündel vor den vom Himmel herabsteigenden Sky Lords stehen
Auch in der Seldenrolle sieht man einen Bündelträger einen Sternenpfad herabsteigen.
Der Codex Vindobonensis zeigt sehr eindrucksvoll, wie Sky Lord Neun Wind - evtl. identisch mit dem Gott Quetzalcoatl - vom Himmel auf die Erde herabsteigt entlang eines befiederten Seiles. Ausgestattet ist er dabei mit seiner berühmten Windmaske. Interessant für unser Thema ist jedoch dieses Detail: Oben im Himmel werden winzige Bauwerke gezeigt, und in einem von ihnen liegt ein Heiliges Bündel. In dieser Szene sitzt Sky Lord Neun Wind noch zwischen zwei Göttern, um ihn herum die Ausstattungsgegenstände für seine Reise zur Erde.
Szene des Codex Vindobonensis: oben eine Örtlichkeit im Himmel, Sky Lord Neun Wind sitzt zwischen zwei Göttern, um ihn herum die Ausstattungsgegenstände für seine Reise zur Erde
Bei den nordamerikanischen Pawnee-Indianern waren Sternengötter die Übergeber der heiligen und rätselhaften - und wie wir noch hören werden auch gefährlichen - Gegenstände. Nicht anders wollen die Nachfahren der Omaha-Indianer wissen, dass einst einer ihrer Vorfahren solch ein Heiliges Bündel von einem übernatürlichen Wesen erhalten habe. Bei den Winnebago will man das Heilige Bündel von einem "Donnervogel" gebracht bekommen haben.
Der Verfasser der spanischen "Leyenda de los soles", die ca. 1560 niedergeschrieben wurde und Informationen der alten Mexikaner über Wanderbündel verarbeitet, schrieb über zwei Sternendämonen, die einst vom Himmel herabkamen, sich in Frauen "verwandelten" und Kontakt mit den Indios aufnahmen. Sie liessen ein Heiliges Bündel zurück, ehe sie wieder verschwanden.
Dass diese Gegenstände an ihrem Ursprungsort nicht gerade Mangelware waren, zeigt eine interessante Mythe der Iowa-Indianer. Eine ihrer wichtigsten Überlieferungen bezieht sich auf die Erlangung ihres Heiligen Bündels. Zwei Knaben, die auf "wunderbare Weise" geboren worden waren, wurden einst von den Himmelsbewohnern in eine höhere Welt getragen. Dort zeigte man ihnen verschiedene Arten Heiliger Bündel, die ganze Regale und Wände der Räumlichkeit bedeckten, in der die beiden Knaben dann längere Zeit unterrichtet wurden. Unter diesen zahlreichen Bündel befand sich auch der Prototyp des Bündels, das die Iowa bis zum Zusammenbruch ihrer Kultur verwendeten und bewahrten. Von den beiden Knaben soll übrigens nur einer wieder zur Erde zurückgekehrt sein.
Alte Textquellen lassen uns wissen, dass die Heiligen Bündel möglicherweise aus dem Himmel stammten (was immer man damals auch unter dem "Himmel" oder den Himmeln verstanden haben mag), oder den Menschen von Himmelswesen übergeben oder zu Beginn der Wanderungen nach Angaben vorgefunden wurden. Der fremde Ursprung dieses rätselhaften Gegenstandes ist eine überall gleichlautende Aussage, ebenso die Behauputung, dass diese Heiligen Bündel eine herausragende Rolle spielten bei den erzwungenen und von Göttern befohlenen und geleiteten Wanderungen der Stämme.
Der für die Paläo-SETI-Forschung interessanteste Aspekt dieses geheimnisvollen Objektes ist der Fakt, dass der Gegenstand Sprache übertragen konnte! Immer wieder betonen die alten Chronisten und Texte, das Heilige Bündel habe während der langen Wanderungen zu den Bündelträgern und anderen Personen gesprochen, es habe die Richtung bestimmt und Anweisungen gegeben, die zu befolgen waren.
So schreibt Fray Sahagun in seiner "Historia de la Nueva Espana": Das Götterbild - das Heilige Bündel - "sprach ohne Unterlass zu ihnen und sagte ihnen, was sie zu tun hatten."
Wie wurde dieser sprechende Gegenstand in den alten Bilderhandschriften dargestellt? Hier zunächst eine Darstellung einer sprechenden Person. Man sieht sehr deutlich die sog. Sprachvolute vor dem Mund, die das reden bildlich zeigen soll.
Szene aus einer Bilderhandschrift: die rechte Person mit Sprachvolute
Eindrucksvoll ist die Anfangsszene des Codex Boturini, die den Beginn der Wanderungen darstellt. Hier wartet auf die von der Urheimat Aztlan über das Wasser übersetzenden Azteken in einer Höhle das sprechende Heilige Bündel. Man sieht sehr deutlich die Sprachvoluten bis über die Höhle hinaus sich ausbreiten.
Anfangsszene des Codex Boturini: in einer Höhle wartet auf die loswandernden Azteken das sprechende Heilige Bündel
Eine weitere Szene zeigt einen Bündelträger, und aus dem auf dem Rücken getragenen Heiligen Bündel strömen Sprachvoluten, es "spricht"!
Szene des Codex Boturini: vor den Wanderungsleitern schreitet der Bündelträger mit dem sprechenden Heiligen Bündel auf dem Rücken
Eine andere Darstellung des Codex zeigt eine Szene während der Wanderung: Hier wird offenbar mittels des Heiligen Bündels Zwiesprache gehalten. Mit wem?
Auch im Codex Borgia wird ein sprechendes Bündel dargestellt. Gerade dieses im Tempel stehende und offenbar nach allen Seiten Sprache ausstrahlende Bündel spielt eine wichtige Rolle in einer fantastischen Bildergeschichte, auf die ich noch zu sprechen kommen werde.
Codex Borgia: im oder vor einem Tempel ein Heiliges Bündel, das in alle Himmelsrichtrungen Sprachvoluten aussendet
Die Blackfeet-Indianer erinnern sich auch noch sehr gut daran, dass dieser Gegenstand nur dank einer geheimnisvollen "Power" sprechen konnte, einer von aussen unsichtbaren Energiequelle im Innern des Bündels, womit die Worte eines überirdischen Wesens übertragen wurden. Sie nannten ihr Heiliges Bündel "chuharipiru", von chuhuru = Gewitter und ripiru = eingewickelt. Auf jeden Fall wurde mit diesem Namen ein Gegenstand bezeichnet, der eine gefährliche Energie in sich einschloss.
Genauso dachten sich auch die Omaha-Indianer das Bündel ihrer Vorfahren mit einer geheimnisvollen Kraft ausgestattet, die gleichzeitig "unsauber" und "gefährlich" sei. Die Omaha wussten, dass sich im Innern des Heiligen Bündels etwas wie eine heilige Muschel befand, die niemals die Erde berühren durfte, da sie sonst eine fürchterliche Hitze hervorgerufen hätte. Nur der eingeweihte Besitzer des Bündels konnte mit ihm umgehen, ohne Schaden davonzutragen. Daher glaubte der Besitzer oder Bewahrer des Bündels, dass, wenn er einen Fehler im streng zu befolgenden Ritual begehe, er von der unsichtbaren Kraft im Bündel getroffen werde.
Ich fand in einer der alten mixtekischen Bilderhandschriften, dem Codex Borgia, eine Szenenfolge, die genau so einen Unfall mit einem falsch gehandhabten Bündel zeigen könnte, wobei meine - also unsere präastronautische - Deutung ebenso logisch und möglich erscheint, wie die wenigen, eher hilflosen Deutungsversuche der Altamerikanisten. Wir sehen hier zwei Männer oder Priester, verkleidet mit den Attributen der Götter Tezcatlipoca und Quetzalcoatl, die offensichtlich in einer Nacht- und Nebelaktion ein sprechendes Bündel aus dem Tempel entwenden. Sie schleppen es ins Freie und tragen es an einem Ballspielplatz und zwei umzäunten Plätzen vorbei, zu sehen an der Fuss-Spur.
Codex Borgia: Zwei Priester entwenden aus einem Tempel ein sprechendes Heiliges Bündel: oben befindet sich der Gegenstand, Sprachvoluten ausstahlend, noch im Tempel, dann sieht man die beiden Männer weiterschreien, gezeigt durch die Fuss-Spur
Dann haben sie es offensichtlich geöffnet, denn man sieht gewaltige Strahlen vom geöffneten Bündel in alle Richtungen ausstrahlen und eine Rauchsäule, die offenbar einen der beiden Männer davonpustet (er purzelt quasi erst zwei Bilderhandschriften-Seiten weiter aus der "Rauchsäule" heraus).
Ist hier eine Panne dargestellt, ein Unfall, hervorgerufen durch das unsachgemässe oder unbefugte Öffnen eines gefährlichen, komplizierten technischen Gerätes? Diese Interpretation erscheint mir jedenfalls wesentlich einleuchtender, als die Interpretation der Fachleute wie z.B. Eduard Seler: Dies sei das Aschenbündel des Abendsterns, in das der Wind von Tamoanchan hineinfahre, wodurch der Stern wieder aus der Asche neu entstehe! Nach Nowotny sei hier, und das klingt ganz vernünftig, eindrucksvoll die Energie dargestellt, die in dem Bündel aufgespeichert war. Doch mit seinen weiteren Ausführungen kann ich persönlich nur wenig anfangen: Es entströmen dem Bündel neun Rauchschlangen mit der Schnabelmaske des Quetzalcoatls, die grösste Rauchschlange enthalte allerlei Kultgegenstände und Tiere, Quetzalcoatl sei in ihr schwimmend dargestellt und entsteige ihr zwei Seiten später. Besser klingt da schon die Interpretation von Ferdinand Anders: Aus dem geöffneten Bündel werden gewaltige Kräfte frei, neun dunkle Windschlangen wirbeln empor, senkrecht steigt eine Rauchsäule empor, die einen Menschen mitreisst.
Wollte der unbekannte Bildermaler hier die Zerstörung darstellen, die das geöffnete Bündel anrichtete? Ist hier eine Art Explosion dargestellt?
Uns fällt dabei auch gleich die Parallele zur Bundeslade der Israeliten ein, ein Gegenstand, der ja ebenso wie das Heilige Bündel auf einer langen, vorgeschriebenen Wanderung mitgeschleppt wurde, die Befehle eines Gottes übermittelte und mit dem es später Unfälle gab, bei denen sogar Menschen lebensgefährlich verletzt wurden.
Nicht anders erinnern sich verschiedene Indianerstämme im Südwesten der heutigen USA wie die Hopi, Zuni, Schoschonen, Pima usw., dass das Heilige Bündel einen gefährlichen, unsichtbaren Inhalt hatte.
Wenn man genau danach sucht, findet man durchaus weitere Hinweise darauf, dass der Umgang mit diesem anscheinend bei unsachgemässer Handhabung gefährlichen Gegenstand nicht immer pannenfrei verlief. Eine Episode im aztekischen Geschichtswerk des Don Diego de Chimalpahin ist besonders deutlich. Hier werden auch die Olmeca-Xicalanca (nicht zu verwechseln mit den viel früheren Olmeken) als Besitzer eines Heiligen Bündels geschildert und als "Inhaber des Regenzaubers", denn die alten Quellen beschreiben die Heiligen Bündel auch als eine Art Wetterkontrollgerät, mit dem man Wasser herbeizaubern oder es regnen lassen konnte. Als nun eines Tages, so Chimalpahin, die Totollimpaneca eine Stadt der Olmeca-Xicalanca eroberten, schossen sie während des Kampfes mit Pfeilen auf den "magischen Wasserspender" und zerstörten damit dessen Funktion. Danach sei eine gefährliche unsichtbare Zauberkraft von der Stadt ausgegangen, die auf Personen einwirkte, die sich der Stadt näherten. Chimalpahin schreibt: "Und wenn sie sich ihr nähern wollten, starben sie sogleich, kehrten nicht mehr dorthin zurück, wo sie wohnten; wenn sie aber doch umkehren konnten, so starben sie schliesslich irgendwo unterwegs, aber selbst, wenn sie noch heil zu Hause ankamen, so starben sie, bevor der Tag zu Ende ging." Gab es hier einen Zwischenfall mit einem defekten Bündel, das vor die Tore der Stadt getragen wurde und eine tödliche Strahlung aussandte?
Fassen wir noch einmal zusammen. Heilige Bündel begleiteten die einzelnen Stämme bei den durch Unbekannt vorgeschriebenen Wanderungen, wobei das Bündel als eine Art Kommunikationsgerät diente und hörbare Sprache, die Befehle und Anweisungen eines göttlichen Wesens, weitergab. Diese Heiligen Bündel besassen eine in ihnen verborgene und unverständliche Energiequelle, die gefährlich war und bei unsachgemässer Handhabung zu Pannen, Unfällen oder Katastrophen führte.
Ein dritter Aspekt wurde bereits angedeutet: Die alten Quellen behaupten, das Heilige Bündel habe darüberhinaus eine Art Wetterkontrolle ausüben können bzw. es konnte Wasser "herbeizaubern". Es gibt Berichte, in denen geschildert wird, dass sich Stämme, die zu einem bereits durch Bündelbesitzer besiedelten Ort kamen, sich dadurch als weitere Ansiedler legitimieren mussten, indem sie bewiesen, dass sie mit ihrem mitgebrachten Bündel Regen erzeugen konnten. Die Zuni-Indianer erinnern sich in diesem Zusammenhang an eine Panne: An einem Ort, an dem nacheinander verschiedene Klans eintrafen und aufgenommen worden waren, weil sie per Bündel Regen machten, traf ein weiterer Klan ein, den man zuerst abweisen wollte, weil dessen Bündel statt Regen aus Versehen Schnee fallen liess!
Ich habe einige Darstellungen in den Bilderhandschriften gefunden, die eventuell in diesem Zusammenhang zu interpretieren sind. Ein Beispiel: Die Seldenrolle zeigt eine Szene innerhalb der Wanderung, wo ein Heiliges Bündel direkt neben strömendem Wasser zu sehen ist. Eine vernünftige Deutung dieser Szene habe ich nicht finden können (so wie ja der grösste Teil der Bilderhandschriften noch nicht erklärt werden konnte). Nowotny, Herausgeber der Seldenrolle, deutet vage etwas von einem vom Himmel ans Ufer eines Gewässers gefallenen Quetzalcoatl-Bildes an, und da im weiteren Verlauf der Bildergeschichte dies Bündel mitgetagen wird, vermutet Nowotny, es sei der im Gewässer badenden Frau Sechs Mazatl gestohlen worden. Das kann so nicht stimmen, denn das Bündel wurde auch schon in den Wanderungsszenen vor dieser Wasserszene mitgeschleppt.
Die alten Chroniken sagen ganz klar: Das Heilige Bündel konnte Wasser herbeizaubern. Warum sollte der Zeichner der Seldenrolle nicht genau das haben darstellen wollen?
Was sollen wir uns nun unter diesem Heiligen Bündel vorstellen? Ein extraterrestrisches High Tech-Gerät, das in etlichen Exemplaren an die einzelnen Stämme ausgegeben wurde und während der Wanderungen dazu diente, den "Götterplan" - wie es Peter Fiebag einmal nannte - durchzuführen, dessen Ziel und Zweck wir bis heute nicht verstehen? War es eine Art Handy mit Wetterkontrollfunktion?
Was wurde aus den Heiligen Bündeln nach Beendigung der Wanderungen? Sie wurden zum wichtigsten Kultobjekt. Man errichtete ihnen Tempel, in die sie dann gestellt wurden, man opferte vor ihnen, räucherte, betete, zapfte sich Blut ab usw. Das Heilige Bündel taucht auf bei der sog. Rituellen Feuerbohrung, die jeweils den Beginn eines neuen Umlaufs von 52 Jahren im Kalender des alten Mexiko feierte. Es gab Rituale, in denen die einstmaligen Erwerbung des Bündels vor der Wanderung nachgespielt wurde, oder man veranstaltete Übergabefeste, bei denen der heilige Gegenstand oder Nachbildungen den nächsten Hütern übergeben wurden. Man schleppte das Bündel mit auf Kriegszüge und integrierte es in die Fürstenweihen. Kurz und gut: Der Gegenstand mutierte zum sog. Kultobjekt.
Was mir auffällt bei den Darstellungen des Bündels als Nach-Wanderungs-Kultobjekt: es spricht nicht mehr. Wie lange funktionierten bzw. "sprachen" die Heiligen Bündel nach Beendigung der Wanderungszeit noch? Mir ist nur eine Ausnahme bekannt, wo ein Bündel auch später mit Sprachvoluten dargestellt wurde: im Codex Borgia, wo es im Tempel aufbewahrt wurde, dann entwedendet und geöffnet wurde mit dem bereits geschilderten tragischen Ausgang.
Wo sind all diese Heiligen Bündel geblieben? Spanische Chronisten argwöhnten, dass sie - als wichtigste Kultgegenstände - vor den Eroberern an geheimen Orten verborgen wurden. Immer wieder wurde in den mittelalterlichen Inquisitionsprozessen Mexikos fleissig nach Heiligen Bündeln geforscht. Die Prozessakten geben zwar eine Menge Hinweise, Zeugenaussagen über Personen, die Bündel in Verwahrung gehabt hatten, oder über Orte, an denen es noch Bündel gehen solle - doch gefunden wurde nie etwas, obwohl sich die spanischen Inquisitoren alle Mühe gaben und gar zu gerne diese "heidnischen Idolos und Teufelswerke" zerstört hätten, wie die Kirche dies ja auch in überreichem Masse bei den Tempeln und Kultgegenständen der alten Mexikaner tat.
Ich selbst habe keine heisse Spur in Sachen Verbleib eines Heiligen Bündels, ich habe ja dies Thema gerad eben erst an der Oberfläche angekratzt. Längst nicht alle Bilderhandschriften waren mir in voller Länge zugänglich, und der grösste Teil der alten Chroniken und Texte ist noch nicht ins Deutsche oder Englische übersetzt worden. Es gibt nicht einmal eine Auflistung, die angibt, in welchen Bilderhandschriften Heilige Bündel abgebildet sind und auf welchen Seiten. Die lokalen Orte, darunter auch die mit Tempeln Heiliger Bündel, oder Orte, Stationen, die bei der Wanderung eine Rolle spielten, sind in den Bilderhandschriften erst zu einem ganz kleinen Bruchteil identifiziert oder lokalisiert worden.
Und auch die Archäologen haben längst noch nicht alles zutage gefödert, was in Mesoamerika noch im Boden verborgen sein mag und auf eine künftige Entdeckung harrt. Würde eines Tages ein altes Heiliges Bündel gefunden werden, könnte dies möglicherweise unserer Paläo-SETI-Forschung ein grosses Stück weiterbringen. Bis dahin gilt es, so viel wie möglich an weiteren Informationen über diesen rätselhaften Gegenstand herauszubringen. Ich jedenfalls werde weiterrecherchieren, weil ich davon überzeugt bin, es hier mit einem Gerät zu tun zu haben, das selbst unserer heutigen Technologie sehr wahrscheinlich überlegen wäre.
Literatur:
Literatur:
Anders. Ferdinand / Maarten Jansen: Schrift und Buch im alten Mexiko. Graz 1988
Bonte, H.G.: Das Buch der Könige von Tezcucu. Leipzig 1930
Burland, Cottie A.: The Selden Roll. Berlin 1955
Burland, Cottie A.: Codex Edgerton No. 2895. Graz 1965
Caso, Alfonso: Interpretatión del Códice Gómez de Orozco. Mexico City 1954
Caso, Alfonso: Codex Bodley 2858. Mexico City 1960
Caso, Alfonso: Codex Colombino. Mexico City 1966
Castillo, Bernal Diaz del: Wahrhafte Geschichte der Entdeckung und Eroberung von Neuspanien. Stuttgart 1965 (Nachdruck von 1632, Madrid)
Clark, James Cooper: The Story of Eight Deer in the Codex Colombino. London 1912
Davis, Nigel: Die Azteken. Reinbek 1976
Dietrich, Gabriele: Tod und Jenseits in der aztekischen Religion. Berlin 1971
Eschmann, Anncharlott: Das religiöse Weltbild der Azteken. Diss. Berlin 1976
Hamy, Ernest Theodore: Codex Telleriano-Remensis. Paris 1899
Kingsborough, Edward K.: Antiquities of Mexico I, Part 3. London 1830
Krickeberg, Walter: Märchen der Azteken und Inkaperuaner. Düsseldorf, Köln 1968
Kunike, Hugo: Aztekische Märchen nach dem Spanischen des Sahagun. Berlin, Leipzig 1922
Lehmann, Walter: Die Geschichte der Königreiche von Colhuacan und Mexiko. Stuttgart 1938
Mengin, Ernst: Anales Históricos de la Nación Mexicana. Baessler Archiv, Bd. 22 + 23, Berlin 1939 + 1940
Nowotny, Karl A.: Tlacuilolli. Monumenta Americana II, Berlin 1961
Nuttall, Zelia: The Codex Nuttall. New York 1975
Recinos, Adrián: Memorial de Sololá. Mexiko 1950
Recinos, Adrián: Cronica Indigenas de Guatemala. Guatemala 1957
Schroeter, Willy: Religion und Mythologie der Pawnee. Wyk 1997
Schultze-Jena, Leonhard: Indiana. Jena 1933 + 1935
Seler, Eduard: Ein Kapitel aus dem Geschichtsbuch des P. Sahagun. In: Altmexikanische Studien, Bd. 1, Heft 4, Berlin 1890
Stenzel, Werner: Das Heilige Bündel in Mesoamerika. Diss. Wien 1967
Tezozomoc, Hernandes Alvarado: Chrónica Mexicana. 1878
Waupoche, R.: Handbook of Mesoamerican Indians. New Orleans 1966
Zimmermann, Günter: Die Relationen Chimalpahins. Teil 1 + 2. In: Abhandlungen aus dem Gebiet der Auslandskunde Bd. 68 + 69, Reihe B, Bd. 39. Hamburg 1963 + 1965
Zimmermann, Günter: Das Geschichtswerk des Domingo de Munon Chimalpahin. Hamburg 1960
Mehr zum Thema:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen